Gespräch mit Hamado Dipama, Panafrikanismus-Forum München

15.10.2017

TT: Seit wann bist du in der Panafrikanismus-Bewegung engagiert?

Hamado: Mein politisches Bewusstsein habe ich in Burkina Faso in der Sankarismus-Bewegung bzw. während der Sankara-Revolution entwickelt. Als Zwölfjähriger war ich bei den "Pionieren der Revolution", einer Bewegung, bei der es darum ging, bei den Jugendlichen möglichst früh politisches Bewusstsein zu entwickeln, sie aktiv zu machen und sie auf die unterschiedlichen Herausforderungen vorzubereiten. In die Panafrikanismus-Bewegung bin ich erst gekommen, als ich mein Land bereits verlassen hatte.

In Burkina Faso Afrikas hatten wir damals nicht so viel Kontakt mit Bewegungen in anderen afrikanischen Ländern. Wir haben nicht viel erfahren, was im Kongo oder in Somalia passiert, außer wenn es in den Nachrichten gebracht wurde. Hier in Europa erkennen wir aber, welche Probleme wir als Afrikaner und Afrikanerinnen gemeinsam haben. Wenn ich jeden Tag in den Nachrichten sehe, wie unsere Schwestern und Brüder im Meer ertrinken, stellt sich bei mir die Frage: Warum müssen wir das erleben? Warum müssen wir weiterhin unter so einer Situation leiden, obwohl unser Kontinent alles hat?

In meinen Recherchen habe ich herausgefunden, dass es in Afrika schon viele Ideen und Konzepte gegeben hat. Es gab etwas, das sich Panafrikanismus nannte. Aber warum hört man jetzt nichts mehr davon? Existiert diese Bewegung noch, spielt sie überhaupt noch eine Rolle? Oder wurden die Ziele bereits erreicht? Der Panafrikanismus hat zwar gewisse Teilziele - wie die politische Unabhängigkeit - erreicht, aber nicht das tatsächliche Ziel. Aber wenn das Ziel noch nicht erreicht wurde, warum arbeiten wir nicht weiter? Das war der Ausgangspunkt, aus dem heraus wir vor zehn Jahren das Panafrikanismus-Forum auf die Beine gestellt haben.

TT: Wann hast du Burkina Faso verlassen?

Hamado: Ich habe Burkina Faso 2002 verlassen. Ich war in der Studentenbewegung aktiv. Die Arbeit ist zu diesem Zeitpunkt sehr gefährlich geworden. Viele Mitstreiter und Mitstreiterinnen wurden verhaftet, gefoltert und ermordet oder sind spurlos verschwunden. Ich war privilegiert, dass ich mit dem Flugzeug von Mali über Algier nach Paris fliegen konnte. Durch die Bewegung hatte ich Kontakte, die mir geholfen haben, dass ich nicht diesen schrecklichen Weg durch die Wüste und in einem Boot über das Meer nehmen musste. Als ich in Paris am Flughafen angekommen war, habe ich sofort einen Taxifahrer gefragt, wie ich am schnellstem einen Ort außerhalb Frankreichs erreichen konnte. Ich wollte nicht in einem Land Hilfe suchen, dessen Regierung Schuld an der Situation hat, wegen der ich fliehen musste. Der Taxifahrer hat mich zum Gare de l'Est gebracht. Der erste Zug, der von dort wegfuhr, ging nach München. Obwohl ich dort niemanden kannte, habe ich das Ticket gekauft und mich in den Zug gesetzt. So bin ich in München gelandet.

TT: Ist die Studentenbewegung eine von Thomas Sankara inspirierte Bewegung?

Hamado: Nein, es handelt sich hier um unterschiedliche Bewegungen. Es war die von Thomas Sankara inspirierte Balai-Citoyen-Bewegung, die für die die Revolution von 2014 verantwortlich war. Die Studentenbewegung aber, in der auch ich aktiv war, hat eine lange Tradition, es gab sie schon lange vor Thomas Sankara. Während seiner Regierungszeit hat sie kritisch ihre Stimme erhoben, und nach seinem Tod hat sie die wieder eingeführte neokolonialistische Politik bekämpft. Die Studentenbewegung hat immer kritisch die Situation im Land begleitet, versteht sich aber nicht als Opposition.

TT: Eines der Hauptprobleme Afrikas ist, dass der Kontinent als billige Rohstoffquelle dient, die Rohstoffe aber nicht in Afrika weiterverarbeitet werden. Wie hat Thomas Sankara auf diese Situation geantwortet?

Hamado: Sankaras Ansatz war: Konsumieren, was wir produzieren, und produzieren, was wir brauchen - und das hast sich sowohl auf das Land Burkina Faso bezogen als auch auf den afrikanischen Kontinent. Er hat dieses Programm auch tatsächlich in vielerlei Beziehungen umgesetzt. Der wichtigste Punkt war, der Bevölkerung zu erklären, warum es so wichtig ist, die Rohstoffe nicht im Rohzustand zu verkaufen und Fertigprodukte zu importieren, sondern sie selbst zu verarbeiten und sie selbst zu nutzen. Um diese Inhalte den Menschen in einer klaren und für sie verständlichen Sprache zu vermitteln, hat er gesagt: Wenn ihr wissen wollt, wo der Imperialismus ist, schaut einfach auf euren Teller! Die importierten Produkte, die ihr konsumiert, das ist der Imperialismus.

Ein konkretes Beispiel ist die Baumwolle. Es ist bekannt, dass Burkina Faso und Mali die größten Baumwollproduzenten in Afrika sind. Es war aber so, dass französische Konzerne das Kaufmonopol für unsere Baumwolle hatten und entscheiden konnten, welchen Preis sie dafür bezahlen. Von diesem Preis konnten die Baumwollbauern aber nicht leben. Da hat Thomas Sankara beschlossen: Ab jetzt bestimmen wir, wie viel unsere Baumwolle kostet. Er sagte: Wenn ich nach Frankreich komme und einen Peugeot kaufen will, sagt ihr uns, wie viel das Auto kostet. Wir produzieren keine Autos, die Baumwolle ist unser Peugeot. Und wenn ihr unseren burkinischen Peugeot kaufen wollt, dann sagen wir euch, wie viel er kostet.

Die Franzosen haben diese neue Handelspolitik nicht nur abgelehnt, sie haben einen Boykott der burkinischen Baumwolle im ganzen Norden organisiert. Deshalb stand Sankara unter großem Druck. Die Bauern hatten niemanden, der ihnen die Baumwolle abgekauft hat. Vorher hatten sie nicht genug für ihr Produkt bekommen, aber jetzt bekamen sie gar nichts. In dieser Not ist die Idee entstanden, Maschinen aus China zu kaufen, eine Baumwollfabrik in Burkina Faso zu errichten und die Baumwolle dort zu verarbeiten. Um den Absatz zu sichern, durften Beamte im Dienst nur mehr in Burkina Faso hergestellte Kleidung tragen. Viele haben das als Zwang und Bevormundung angesehen, im Nachhinein haben die meisten aber verstanden, dass solche radikalen Maßnahmen getroffen werden mussten. Jetzt, 30 Jahre nach Sankaras Ermordung, kommen die Menschen in Burkina Faso zurück zu diesen Ideen. Die traditionelle Kleidung ist heute die beliebteste Kleidung im Land.

TT: Sankara hat sich ja auch sehr für die Frauenrechte und für die Aufforstung eingesetzt. Wurden diese Programme auch nach seinem Tod weitergeführt?

Hamado: Ja. Die Programme wurden zwar von der Regierung nicht mehr gefördert, aber weil ihre Wichtigkeit im Bewusstsein der Menschen geblieben ist, haben sie diese in Eigenregie weitergeführt, wenn auch nicht mehr so intensiv. Die Leute hatten nach dem Putsch andere Sorgen. Sie befanden sich in einem diktatorischen System, viele wurden verhaftet und ermordet. Auf Druck vom Ausland hat Blaise Campaoré die Baumwollverarbeitung eingestellt und die Fabrik Faso Fani geschlossen. Diejenigen, die dort oder und in der Obstverarbeitungsindustrie gearbeitet hatten, haben ihre Jobs verloren und konnten ihre Familien nicht mehr ernähren.

In der Regierungszeit von Thomas Sankara hatte Burkina Faso die Nahrungsmittelautonomie erreicht! Das war ohne irgendeine Entwicklungshilfe oder Unterstützung von außen innerhalb von nur vier Jahren möglich gewesen! Wenn ich heute von Entwicklungshilfe höre, reagiere ich allergisch. Wo war denn diese Entwicklungshilfe, als Burkina Faso sie wirklich so sehr benötigt hätte? Es gab tausend Programme, die man hätte unterstützen können! Doch das Land hat nicht einen einzigen Cent bekommen, weil das von den westlichen Regierungen verweigert wurde. Obwohl die positiven Veränderungen für die Menschen wirklich sichtbar waren! Aber auch die Regierungen in den Nachbarländern gerieten unter den Druck ihrer Bevölkerung, die nicht einsah, warum bei ihnen nicht möglich sein sollte, was in Burkina Faso geschafft wurde. In der Elfenbeinküste beispielsweise haben die Leute Sankara mehr zugejubelt als dem eigenen Präsidenten.

TT: Seit wann gibt es die Idee des Panafrikanismus?

Hamado: Die Ursprünge des Panafrikanismus sind nicht auf dem afrikanischen Kontinent zu finden. Er hat sich aus der Bewegung zur Befreiung aus der Sklaverei, die im schon 17. Jahrhundert entstand, entwickelt. Die Themen haben sich jedoch im Laufe der Zeit immer verändert und an die jeweilige Situation angepasst, es ging um die Gleichberechtigung schwarzer Menschen oder die Rückkehr ehemaliger Sklaven nach Afrika. Nach dem Weltkrieg hat sich der Panafrikanismus in die Bewegung für die Unabhängigkeit der afrikanischen Länder von der Kolonialherrschaft umgewandelt. Zusammengefasst war und ist das Ziel die Befreiung des afrikanischen Kontinents, der schwarzen Menschen und die Begegnung auf Augenhöhe sowie die Solidarität mit allen Völkern, die sich im Kampf für ihre Befreiung und für eine gerechte Welt befinden.

TT: Gibt es heute noch panafrikanische Organisationen und Strukturen?

Hamado: Es gibt in ganz vielen Ländern Organisationen und Kongresse, in einigen Ländern gibt es sogar panafrikanische Parteien. Aber leider ist die Bewegung nicht mehr so stark und einflussreich, wie sie es einmal war. Auch die Afrikanische Union (AU) sieht sich als die Nachfolgerin der Organisation für Afrikanische Einheit (OAU), nur leider entspricht das heutige Modell nicht mehr dem panafrikanischen Konzept bei ihrer Gründung. Jeden Tag sterben afrikanische Frauen und Männer im Mittelmeer und die AU meldet sich nicht einmal zu Wort! Wir brauchen keine Organisation, die bedeutungslos und abhängig von westlicher Finanzierung ist.

Unser Panafrikanismus-Forum in München ist Teil der globalen Bewegung. Wenn wir einen Kongress organisieren, nehmen Mitglieder von panafrikanischen Bewegungen aus der ganzen Welt teil. Es gibt panafrikanische Vereine in fast jedem Land, wo afrikanische Menschen bzw. schwarze Menschen eine Community haben, auch wenn sich nicht alle so bezeichnen. Wir bekommen manchmal Zuschriften aus Ländern, von denen ich zuvor gar nicht wusste, dass es dort eine Bewegung gibt.

TT: Welche Ziele hat der Panafrikanismus erreicht?

Hamado: Dass die afrikanischen Länder die Unabhängigkeit gewonnen haben, ist ein greifbares Ergebnis, das durch den Panafrikanismus zustande gekommen ist. Das Bewusstsein, dass wir, egal aus welchem afrikanischen Land wir kommen, viele Erfahrungen und Probleme gemeinsam haben, ist dem Panafrikanismus zu verdanken.

TT: Identifizieren sich heute noch viele afrikanische Menschen mit der Bewegung?

Hamado: Hier muss man zwischen dem afrikanischen Kontinent und der Diaspora unterscheiden. In der Diaspora ist das Gefühl der Gemeinsamkeit deutlicher. Dagegen sind viele Menschen in Afrika leider noch nicht so weit, sich als Einheit wahrzunehmen. Das hat unterschiedliche Gründe. Die Teilung der Länder durch die Kolonialisten hat sich seit vielen Generationen in den Köpfen festgesetzt. Die Menschen haben eine nationale Identität entwickelt, obwohl die Nationen fiktiv zustande gekommen sind. Aber dank moderner Techniken wie dem Internet wissen die jetzigen Generationen mehr voneinander, und viele jungen Menschen beginnen, anders zu denken.

TT: Mit welchen Themen beschäftigt sich der Panafrikanismus heute?

Hamado: Der Panafrikanismus hat unterschiedliche Ansätze. Es geht zum Beispiel darum, afrikanische Sprachen zu fördern und sie ins Schulsystem hineinzubringen. Diese Forderung richtet sich sowohl an die nationale Politik als auch an die AU. Es gibt auch eine wissenschaftliche Ebene des Panafrikanismus, die sich zum Ziel gesetzt hat, die historischen Forschungen von Cheikh Anta Diop fortzuführen und die verfälschte Geschichte Afrikas zu korrigieren. Wenn wir eine gute Zukunft erreichen wollen, müssen wir auch zurück blicken. Wir müssen wissen, was die positiven Errungenschaften unserer Ahn_innen waren, welche gesellschaftlichen Strukturen es gab, warum es sie heute nicht mehr gibt und warum das, was in unseren Ländern davon übrig geblieben ist, heute nicht mehr wahrgenommen wird.

TT: Welche Rolle spielt die europäische Gesellschaft im Panafrikanismus?

Hamado: Wir sehen die europäischen Völker als Mitstreiter_innen und nicht als Gegner_innen an, weil wir wissen, dass das gleiche System, das uns in Afrika ausbeutet, auch die Völker in Europa ausbeutet. Wir halten den Austausch mit Aktivist_innen in Europa für sehr wichtig, weil wir im Grunde die gleichen Ziele haben. Wir sind nicht gegen die Menschen in Europa, sondern gegen das System, das uns ausbeutet, erniedrigt, versklavt und in neokolonialistischen Strukturen festhält. Aber vielen Menschen in Europa ist leider nicht klar, dass auch sie ausgebeutet und unten gehalten werden, weil sie zumindest einen minimalen Anteil am Reichtum bekommen und ihnen Privilegien gewährt werden, die uns Afrikaner_innen verweigert werden. Wenn ein Europäer in einem afrikanischen Land wie beispielsweise Burkina Faso ankommt, kann er am Flughafen die Gebühr für das Visum bezahlen und sofort einreisen. Umgekehrt kann ein Afrikaner oder eine Afrikanerin ohne gültiges Visum nicht einmal in ein Flugzeug nach Europa einsteigen. Wie ist es angesichts dieser Unterschiede möglich, Hand in Hand zu kämpfen?

Die Schwierigkeit wird noch deutlicher, wenn ich die jetzige Situation in Europa betrachte. Trotz ihrer Privilegien rutschen die meisten europäischen Gesellschaften nach rechts. Was ist die Philosophie der Rechten? Es geht darum, diese Privilegien zu schützen. Wenn aber so viele Menschen in Europa dafür sind, dass ihre Privilegien geschützt werden, bedeutet es auch, dass sie befürworten, dass Menschen auf anderen Kontinenten ausgebeutet werden, damit sie weiterhin diese Privilegien genießen können. Wie kann ich das akzeptieren? Hier ist es schwierig, auf eine gleiche Wellenlänge zu kommen. Darum kann unsere Befreiung nur von uns selbst kommen.

TT: Ist dieser Kampf auch ohne Waffen möglich?

Hamado: Meine Antwort ist jein. Ja, sage ich, weil es natürlich wünschenswert wäre, diese Ziele ohne Gewalt und nur mit Worten zu erreichen. Das ist aber ein langwieriger Kampf, und es wird sehr, sehr viel Zeit brauchen, bis wir soweit sind. Nein, sage ich, weil es leider nicht gewaltlos möglich sein wird, eine Änderung zeitnah zu erreichen.

Warum? Es gibt zwei Beispiele, die das verdeutlichen. Zum einen der Kampf gegen die Apartheid in Südafrika: Wenn der ANC nur auf den gewaltlosen Kampf gesetzt hätte, wäre Nelson Mandela nicht 1990 aus der Haft entlassen worden und vielleicht im Gefängnis gestorben. Dass er freigelassen wurde, ist dem bewaffneten Flügel des ANC zu verdanken. Man hat international reagiert, als die Situation zu eskalieren drohte.

Dasselbe gilt für die Bürgerrechtsbewegung in den USA. Ich glaube, dass es viel länger gedauert hätte, bis die "Rassentrennung" offiziell aufgehoben worden wäre, wenn es die Black Panthers nicht gegeben hätte. Martin Luther King und Malcolm X werden unterschiedlich beurteilt, weil der eine gewaltlos war, während der andere sagte, wenn man mich schlägt, schlage ich zurück. Der eine brauchte jedoch den anderen. Ohne Malcolm X wäre Martin Luther King mit seinem gewaltlosen Kampf nicht erfolgreich gewesen, das ist eine Tatsache, auch wenn man es nicht wahrhaben möchte. Das Problem ist, dass diejenigen, die Gewaltlosigkeit predigen und den bewaffneten Kampf verteufeln, selbst Gewalt benützen, um andere zu unterdrücken, dieses Recht den Unterdrückten aber nicht zugestehen.

TT: Wir wissen, dass Afrika keine Waffen produziert. In einem Zitat sagte Sankara, wenn wir Waffen kaufen, freuen sich die Waffenproduzenten, aber letztlich werden diese Waffen gegen Afrikaner und Afrikanerinnen gerichtet werden ...

Hamado: Gewalt bedeutet nicht nur Waffen. Waffen sind nicht nur Gewehre. Auch der Kugelschreiber kann eine Waffe sein. Ein Kugelschreiber kann sogar töten. Der Hunger ist eine schlimmere und gewalttätigere Waffe als eine Kalaschnikow. Deshalb denke ich, ganz ohne Gewalt werden wir nicht erfolgreich sein. Aber es sollte nicht dieselbe Art von Gewalt sein, die unsere Gegner benützen. Die afrikanischen Länder könnten einen ähnlichen Weg wie China beschreiten. Zuerst befreien wir uns von den Despoten und den korrupten Regimes, dann bauen wir uns langsam auf, bis wir stark genug sind, um ein Gegengewicht zu den Ausbeutern zu bilden. Wir sehen gerade den Konflikt zwischen den USA und China. Wäre das zu einem früheren Zeitpunkt passiert, hätte ein Präsident wie Trump vielleicht gleich die Waffen mobilisiert, um China zu bombardieren. Heute traut er sich aber nicht, sich mit China anzulegen. Aber wie hat es China geschafft, dorthin zu kommen? Das war auch nicht ganz ohne Gewalt möglich.

TT: In den Medien ist Afrika meist im Zusammenhang mit Kriegen, Hunger und Flüchtlingen präsent. Gleichzeitig schreitet der Ausverkauf - zum Beispiel das Landgrabbing - voran. Siehst du Chancen auf eine Änderung?

Hamado: Ja, der Landraub ist ein Riesenproblem in Afrika. Die Konzerne unterliegen aber einer Illusion, wenn sie meinen, sie könnten sich Land auf einem anderen Kontinent aneignen und es für immer besitzen. Verträge sind nur Papiere, und Papiere können schnell geändert werden. Der Schaden allerdings, der der Umwelt durch den Raubbau an der Natur zugefügt wird, bleibt bestehen. Die Menschen in Afrika sind sich dieses Problems bewusst. In vielen Ländern gibt es Bewegungen, die Widerstand gegen den Landraub leisten und versuchen, die Regierungen und die Konzerne unter Druck zu setzen, damit das Land anders genutzt wird als vorgesehen und der Schaden zumindest begrenzt werden kann. Auch in Burkina Faso gab es nach der Revolution große Debatten über dieses Problem, und die Regierung sah sich gezwungen, einige Entscheidungen zurückzunehmen. Die Situation ist katastrophal, aber dass die Menschen nicht aufgeben und Widerstand leisten, macht Hoffnung.

Hamado Dipama ist Initiator und Vorstandsmitglied des Arbeitskreises Panafrikanismus in München. Er engagiert sich als Vorstand der Ausländerbeiräte Bayerns, Sprecher des bayerischen Flüchtlingsverbandes und Mitglied des Bayerischen Rundfunkrats für die Rechte von Migrant_innen und Flüchtlingen sowie gegen Diskriminierung und Alltagsrassismus.

veröffentlicht inTalktogether Nr. 61/2017

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